Illegale Monokulturen
Alternativen zum Anbau illegaler Plantagen
Konsequenzen und Schäden
Simon Fahrbach
In den vergangenen Jahren ist die Produktion von illegalen Drogen in Lateinamerika dramatisch angestiegen. Dabei macht die Herstellung von Kokain den größten Teil aus. Sie findet in den Ländern Kolumbien, Bolivien und Peru statt, wobei der größte Anteil der Produktion auf Kolumbien entfällt. Ein großer Teil dieser Drogen wird in den USA verkauft, aber auch Europa ist ein Absatzmarkt, der kontinuierlich angewachsen ist und mittlerweile eine immense Bedeutung für den weltweiten Drogenhandel angenommen hat.
Der Anbau und die Produktion sowie der Transport und die spätere Vermarktung der Drogen verursachen weltweite Umweltschäden. Damit tragen sie zum Klimawandel bei. Gleichzeitig haben sie vor allem große Auswirkungen auf das Leben und die Menschenrechte derer, die in den Anbau- und Produktionsregionen in Lateinamerika leben.
Welcher Zusammenhang besteht zwischen diesem illegalen Wirtschaftssektor, Menschenrechten und dem Klimawandel?
Massive Umweltprobleme vor Ort
Der Anbau von illegalen Pflanzen für die Produktion von Drogen (siehe Kasten) wirkt sich in mehreren Bereichen auf die Umwelt aus. Zum einen werden dafür Flächen benötigt, die abgeholzt werden müssen und somit erheblich zur Entwaldung beitragen. Dies ist besonders deutlich im tropischen Regenwald, wie beispielsweise der Amazonasregion in Perú, Ecuador und Kolumbien bemerkbar. Laut offiziellen Zahlen der kolumbianischen Regierung verlor das Land zwischen 2000 und 2019 2,8 Millionen Hektar Wald. Ein Grund dafür war neben der Ausweitung der kommerziellen Landwirtschaft wie der Viehzucht auch der Anbau illegaler Plantagen. Die Entwaldung stellt ein großes Problem für die lokalen Ökosysteme dar, da sie den Lebensraum vieler Tiere gefährdet und auch den Wasserhaushalt und den Schutz des Bodens beeinträchtigt.
Ein weiteres Umweltproblem entsteht durch den Einsatz von Chemikalien während des Anbaus und der Herstellung von Drogen, wie Dünger, Pestiziden und den vielfältigen Chemikalien, die durch den Produktionsprozess anfallen. Diese haben direkte Auswirkungen auf Insekten und andere Tiere und belasten zusätzlich die Flüsse und das Grundwasser, das den Menschen vor Ort als Lebensgrundlage dient.
Coca-Blätter nicht das Gleiche wie Kokain
Aus etwa 270 Kilo geernteten Blättern werden 2,5 Kilo Kokainbasispaste, eine Zwischenform, hergestellt. Daraus wird ein Kilogramm reines Kokain (Hydrochlorid) in der bekannten weißen Pulverform hergestellt. Dafür werden Schwefelsäure, Natriumcarbonat, Benzin, Calciumcarbonat und viel Wasser verwendet.
Schlafmohn ist nicht das Gleiche wie Heroin
Der Saft von etwa 20.000 Kapseln (Teil der Pflanzblüte) ergibt 1 kg Rohopium. Aus 25 Kilogramm Mohnsaft (Rohopium) wird 1 Kilogramm Diacetylmorphin gewonnen. Dafür werden Essigsäure und starke Chemikalien sowie viel Wasser benötigt.
Aus einem Kilogramm Morphin lassen sich bei sehr guter Qualität 1,3 oder mehr Kilogramm Heroin herstellen. Hierfür werden Acetat, Ammoniak, Kalk, viel Wasser und viele Stoffstücke verwendet. Durch Gräben im Boden wird das verschmutzte Wasser geleitet, das manchmal zum Spaß verbrannt wird, während es durch die Gräben fließt.
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Diese Links beschreiben den Produktionsprozess (auf Spanisch). Die Produktivität heutzutage ist aber viel höher:
https://wradio.com.mx/radio/2009/08/19/nacional/1250706120_864013.html
https://www.cocaina.es/coca-y-cocaina.php
und alle verwendeten Chemikalien
https://www.infobae.com/2011/03/09/1020481-cocaina-el-negocio-mas-rentable-del-mundo
Maßnahmen gegen die Drogen
Auch die Programme, die darauf abzielen, die illegale Produktion der Drogen zu verringern und vor allem auf Druck der US-Regierung umgesetzt werden, bringen zum Teil massive negative Folgen für die Umwelt mit sich. So verursacht das Besprühen der illegalen Plantagen mit dem Pflanzenschutzmittel Glyphosat starke Schäden, da es neben den Plantagen auch zur Vernichtung von angrenzenden Wäldern und legal angebauten Pflanzen führt. Das Besprühen wirkt sich auch negativ auf Menschen und Tiere aus, die im Umkreis besprühter Flächen leben, da diese gezwungen sind, das durch Glyphosat verseuchte Wasser zu konsumieren. Das Besprühen der Felder aus der Luft wurde in Kolumbien 2015 zwar gestoppt, soll aber laut Plänen der kolumbianischen Regierung wiederaufgenommen werden.
Am meisten leiden die Menschen vor Ort
Für viele Menschen, die in Anbaugebieten von Koka oder anderen Drogenpflanzen leben ist der Anbau dieser Pflanzen die einzige Art, sich ein Einkommen zu erwirtschaften, das ihre Existenz sichert. Dies hat verschiedene Hintergründe. Zum einen haben sie durch fehlende Infrastruktur wie Straßen nicht die Möglichkeit, legal angebaute Produkte zu verkaufen, da die Anbindung an die Märkte für den Verkauf nicht vorhanden ist. Gleichzeitig werden die betroffenen Gebiete oft durch kriminelle Gruppen kontrolliert, die die Bäuerinnen und Bauern zwingen, Koka anzubauen oder ihnen finanzielle Anreize bieten, die sie durch staatliche Unterstützung nicht erhalten würden.
Die Menschen in den Anbaugebieten erleben eine extreme Gewalt, die sich beispielsweise an der erhöhten Anzahl an ermordeten sozialen Anführer*innen und Aktivist*innen erkennen lässt. 2019 wurden in Kolumbien 64 Umweltaktivist*innen umgebracht, so viele wie in keinem anderen Land der Welt. Gleichzeitig unternimmt die Regierung viel zu wenig, um diese Morde zu verhindern und heizt die Situation sogar teilweise noch an.
Die Menschen bekommen die Folgen der Verschmutzung ihrer Umwelt direkt zu spüren, da ihnen die wichtige Lebengrundlage wie sauberes Wasser und fruchtbarer Boden für ihre Felder genommen wird. Gleichzeitig sind sie auch durch ein erhöhtes Aufkommen von Naturkatastrophen wie Überschwemmungen und Dürren besonders von den negativen Folgen des Klimawandels betroffen, der durch die Drogenproduktion zusätzlich befeuert wird. Ein besonders drastischer Fall solcher Schäden lässt sich in der Inga Gemeinde im Süden Kolumbiens feststellen. Dort gibt es aufgrund von Abholzung für den Anbau von Schlafmohn das Problem, dass der Boden instabil geworden ist und durch Erdbewegungen eine Vielzahl an Häusern zerstört werden. Dies sorgt dafür, dass viele Menschen ihr Zuhause verlieren.
Weltweite Klimafolgen
Der tropische Regenwald in Lateinamerika ist von großer Bedeutung für das Klima und leistet einen wichtigen Beitrag zum weltweiten CO2 Haushalt. Durch die Entwaldung im Zuge des Anbaus von illegalen Plantagen gehen somit wichtige Flächen an Regenwald verloren, die zu einer weiteren Erwärmung des globalen Klimas beitragen. Außerdem steckt hinter der Produktion und der Vermarktung der illegalen Drogen ein großer Wirtschaftszweig mit unterschiedlichen Prozessen, die für weitere Emissionen sorgen. Diese Emissionen finden nicht nur innerhalb Lateinamerikas statt, sondern entstehen während des gesamten Transports von den Orten der Produktion im globalen Süden bis zu den Absatzmarkten im globalen Norden, wie den USA und Europa.
Was geht das die Menschen in Europa an?
Letztendlich sind wir es, die Menschen in den USA und Europa, die die Umweltschäden in Lateinamerika und während der ganzen Wertschöpfungskette mit verursachen. Unter anderem steigt in Europa die Nachfrage nach Drogen aus Lateinamerika so kontinuierlich an, dass dieser Anstieg sogar im Abwasser vieler europäischer Städte nachgewiesen werden kann. Diese hohe Nachfrage sorgt dafür, dass die Produktion der Drogen lukrativ bleibt und hohe Gewinne verspricht. Dabei ist von dem Drogengeschäft nicht nur Lateinamerika, sondern auch Europa stark betroffen. So können dort Phänomene wie eine erhöhte Korruption und mafiöse Strukturen für Geldwäsche und die Vermarktung der Drogen beobachtet werden. In den vergangenen Jahren ging die vermehrte Einfuhr illegaler Drogen auch mit einer sichtbar erhöhten Gewalt durch Drogenbanden einher. Außerdem werden an verschiedenen Stellen wie Behörden, in der Politik und der Polizei vermehrt Fälle von Korruption festgestellt, die auf den Drogenhandel zurückzuführen sind.
Alternativen
Bisher werden nur wenige Lösungsansätze für die Umweltprobleme diskutiert, die durch den Anbau illegaler Pflanzen für die Drogenproduktion in den Gemeinden vor Ort entstehen. Zu den wichtigsten zählt der Vorschlag, den Anbau von Coca-Pflanzen (siehe Kasten) zu legalisieren. Die Legalisierung des Anbaus allein wäre jedoch noch keine Lösung. Auch die Abnehmerländer müssten Verantwortung übernehmen. Das würde auch eine Möglichkeit für die Bäuerinnen und Bauern vor Ort schaffen, aus den Kokapflanzen zusätzlich alternative Produkte herzustellen und sich ein Leben aufzubauen, ohne kriminalisiert zu werden. Gleichzeitig könnte der Anbau überwacht und umweltverträglicher gestaltet werden, um so die Lebensgrundlage der Menschen vor Ort zu schützen.